Wärmewende im Gebäudesektor: „Bestand ist der Elefant im Raum“
Der Gebäudesektor in Deutschland müsse mehr und schneller energetisch saniert werden, um die CO2-Emissionen zu senken. Eine Sanierungsquote von drei Prozent wäre wünschenswert, erklärte am Mittwoch Lothar Fehn Krestas, Leiter der Unterabteilung Baupolitik, Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Das Forum für Zukunftsenergien hatte in Berlin mehrere Expert:innen dazu eingeladen, über die Dekarbonisierung der Immobilienwirtschaft zu diskutieren.
Lothar Fehn Krestas bezeichnete zwar die Auflage, dass zukünftig neue Heizungen mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energien laufen müssten, als einen „Durchbruch für den Klimaschutz“. Doch die Wärmewende im Gebäudesektor sei nur mit einer höheren Energieeffizienz und einem geringeren Energiebedarf möglich. „Der Bestand ist der Elefant im Raum.“
Sanierungsrate zu niedrig
Eine bessere Wärmedämmung und modernere Fenster wären eine Lösung und somit eine hohe Sanierungsrate im Bestand notwendig, erklärte Martin Böhle, Leiter Green Strategy Consulting beim Energieversorger Getec. Doch die typische historische Sanierungsrate liege gerade einmal bei einem Prozent. Sie müsste allerdings 3,6 Prozent betragen, wenn Deutschland die Dekarbonisierung des Gebäudesektors bis 2045 erreichen möchte.
Zum Hintergrund: Laut Bundesklimaschutzgesetz betrug der Treibhausgasausstoß im Gebäudebereich 115 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente im Jahr 2021 und muss bis 2030 auf 67 Millionen sinken. Ab 2045 soll der Gebäudebestand klimaneutral sein. „Das sind noch 21 Jahre auf der Uhr“, mahnte Wolfgang Saam, Abteilungsleiter Klimaschutz, Energiepolitik und Nachhaltigkeit beim Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA).
Hohe Investitionskosten
Der Bundestagsabgeordnete Michael Kießling (CDU/CSU) warnte davor, Eigentümer:innen finanziell zu überfordern. „Irgendjemand muss die Kosten tragen.“ Dr. Rainer Ortmann von Bosch Home Comfort verwies zudem darauf, dass 57 Prozent der Wohngebäude in Deutschland gemietet würden. Eine energetische Sanierung und eine Elektrifizierung der Energiesysteme – zum Beispiel der Einbau von Wärmepumpen – seien teuer und wirkten sich stark auf die Mieten aus. Von einem „schwierigen Spagat“ zwischen Eigentümer:innen und Mietenden sprach denn auch Dr. Sebastian Bolay, Bereichsleiter Energie, Umwelt, Industrie von der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK).
Trotz der aktuellen Hemmnisse wie hohe Investitionskosten und Fachkräftemangel äußerte sich Wolfgang Saam optimistisch. Gebäude- und der Energiesektor würden zusammenwachsen, das Marktverständnis dafür müsse nun nachziehen. Die Digitalisierung, intelligente Stromnetze, Smart Building und nicht zuletzt eine nationale Gebäudedatenbank seien erfolgversprechende Potenziale auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Immobilienwirtschaft.